Das Bücherregal ausmisten – keine leichte Aufgabe für alle, die Bücher lieben. Aber wenn man mal ehrlich zu sich selbst ist: Wie viele Bücher hat man im Regal stehen, die man doch nur einmal gelesen hat und sehr wahrscheinlich nicht nochmal lesen wird oder bei denen man vielleicht sogar völlig vergessen hat, dass man sie besitzt?!
Bei mir liegt jedoch auch ein sehr pragmatischer Grund vor, sich von Dingen zu befreien und sich darüber klar zu werden, welche Bücher mir wirklich wichtig sind: Ich ziehe um! Gerade von meinen letzten Umzügen weiß ich – sosehr ich meine Bücher auch liebe und mir immer wieder gerne Neue kaufe: Die Bücherkisten sind bei Umzügen immer die schwersten und die, bei denen man sich, während man sich die Treppen hochquält, selbst verflucht und fragt: „Warum hab ich nochmal so viele Bücher? Wäre es vielleicht doch langsam mal an der Zeit, sich E-Books zuzulegen?“
Gestern bin mit meiner Bücher-Ausmist-Aktion bereits in die erste Runde gestartet. Mir ist dabei aufgefallen, dass ich die meisten Bücher, die ich spontan auf den „Kann-Weg-Stapel“ gelegt habe, in folgende Kategorien sortieren kann:
- Bücher, die ich vor Ewigkeiten gelesen habe und unterdessen nicht mehr meinen Geschmack treffen:
Dazu gehören zum Beispiel Krimis. Vor ungefähr 11 Jahren hatte ich eine ziemlich intensive Krimi-Phase. Am liebsten waren mir die (im Übrigen ziemlich blutrünstigen) Bücher von schwedischen Autoren wie Henning Mankell oder Hakan Nesser. Die dicken Wälzer hatte ich oft innerhalb einer Woche durch – dies führte sogar dazu, dass ich mir einige Krimis gar nicht mehr gekauft, sondern in der Bücherei ausgeliehen habe. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass mich die Bibliothekarin oft kritisch musterte und einmal sogar fragte: „Bist du denn schon 16?“ Eine durchaus berechtigte Frage, denn bei Mankell & Co. werden Romanfiguren ja auch gerne mal aufgespießt oder ähnlich brutal um die Ecke gebracht 😉 Heute reizen mich Krimis gar nicht mehr, ich würde sie nicht nochmal lesen wollen, warum also länger aufheben? - Bücher, mit denen ich einfach nichts anfangen konnte
Gibt es leider – dass ich ein Buch gelesen habe, ich mich aber einfach nicht damit anfreunden konnte. Meistens lese ich ein Buch zwar trotzdem zu Ende – doch manchmal kann man einfach nichts dran ändern: entweder gefällt einem die Figur nicht, oder die Handlung kann mich nicht packen. Natürlich gibt es auch Bücher, für die vielleicht einfach noch nicht der richtige Moment gekommen ist. So merke ich mir zum Beispiel Marcel Proust für eine Lebensphase vor, in der ich vielleicht mehr mit seinen Romanen anfangen kann.
Bei anderen Büchern merke ich aber auch schon jetzt: einmal gelesen, hat mich nicht gepackt, war vielleicht einfach nicht mein Ding. - Schlecht übersetzte Bücher
Zugegeben, eine kleine Kategorie, der aber zum Beispiel meine deutsche Ausgabe von „Short Cuts“ angehört. Diese Ausgabe hatte ich mir eher mal zufällig gekauft, weil ich das Buch für den Englischunterricht (auf Englisch) brauchte und es mir aus Versehen auf Deutsch bestellt habe. Im Vergleich merkte ich dann, dass ja Welten zwischen dem englischen Originaltext und der Übersetzung liegen. Erschreckend: die Kurzgeschichten waren teilweise im Sinn völlig verfremdet worden, ebenso wie der typische amerikanische Slang einfach grausig ins Deutsche übertragen wurde. Sonst bin ich da ja oft nicht so kritisch – ich lese häufig ins Deutsche übersetzte Romane – aber in diesem Fall einfach nur eine Übersetzung zum Gruseln.
Was mir bei dieser ersten kleinen Aufräum-Aktion auch klar geworden ist: Wie viele Bücher ich eigentlich besitze, die ich mal auf irgendwann gekauft habe und immer noch nicht gelesen habe! Das rührt vielleicht auch daher, dass ich meist sobald ich ein aktuelles Buch ausgelesen habe, wieder in meinen Lieblingsbuchladen gehe, um mir neue Lektüre zu besorgen. Gleichzeitig bekomme ich zwischendurch mal ein Buch geschenkt oder ausgeliehen. Oder ich mache in einem Antiquariat einen tollen Fund. Fazit: Einfach zu viel Lektüre für zu wenig Freizeit. 😉
Wie macht Ihr das mit dem Bücher-Ausmisten? Trennt Ihr Euch auch eher schweren Herzens von Euren Büchern? Was macht Ihr mit Büchern, die einfach nicht mehr Euren Geschmack treffen? Ich freue mich über Eure Statements und Anregungen 🙂
wolkenbeobachterin sagte:
In den Hausflur stellen. Wer möchte, nimmt sich ein Buch mit. So machen es auch die Nachbarn und es entsteht ein reger Austausch im Haus. Eine andere Möglichkeit sind Flohmärkte. Natürlich kann man auch an die großen Buchverkäufer Bücher schicken, allerdings zahlen die häufig nur 15 Cent pro Buch, da verschenk ich sie lieber.
sommerdiebe sagte:
Danke für Deinen Kommentar. Ja, das mit dem Rausstellen von Büchern kenne ich auch..muss sogar zugeben, dass dadurch in meinem Regal einiges an neuen Büchern dazugekommen ist 😉 Find ich auch eine gute Sache und werd ich mit einigen meiner ausgemisteten Büchern auch mal versuchen. Wegschmeißen muss ja nicht sein..und vielleicht freut sich noch jemand darüber. Ansonsten werd ich mal bei einem Antiquariat anfragen. Oder nochmal über Bookcrossing nachdenken 😉
LG
Deborah
wolkenbeobachterin sagte:
Gern geschehen. Kürzlich las ich in einem anderen Blog, dass eine Userin ebenfalls viele Bücher ausgemistet hatte. Sie hat das hier genutzt, vielleicht ist das ja auch eine Idee für Dich.
http://buechertisch.org/buecher-spenden/kontakt-zur-buchabholung/
sommerdiebe sagte:
Danke dafür, schau ich mir mal an 🙂
wolkenbeobachterin sagte:
Gerne.
kutabu sagte:
Bücher, die ich nicht mehr lesen will, stelle ich bei Tauschticket rein, wenn sie noch einigermaßen aussehen. Ansonsten bringe ich sie in mein geliebtes Kino zur Fensterbank, dort habe ich auch schon viele Bücher für mich mitgenommen (und sie später wieder zurückgebracht). Auch bookcrossing ist eine schöne Mögllichkeit, Bücher loszulassen auf andere Leser 🙂
Zu Marcel Proust: Ich habe ihn ungefähr mit Anfang 20 angefangen zu lesen und bin ungefähr bis zum 7. Band gekommen. Als ich vor ca. 3 Jahren nochmal einen Blick reingeworfen habe, habe ich gestaunt, wie ich das habe durchhalten können, ich habe den Zugang überhaupt nicht mehr gefunden. Das mit der Lebensphase ist riskant: Welche soll das auch sein? Wenn Du mitten im Berufsleben stehst, wird es erst recht schwierig, sich auf dieses Werk einzulassen (so ging/geht es mir) – vielleicht ist es anders, wenn man beruflich mit Literatur zu tun hat. Jedenfalls, wie lange willst Du warten? Rentenalter? Ich rate Dir, ihn nicht auf so eine ganz lange Bank zu schieben. Oder wenigstens ‚Eine Liebe von Swann‘ zu lesen, mittelfristig. Es wird nicht einfacher…. (mich hat es übrigens daran erinnert, dass ich es nochmal probieren will, aber wann… Zeit müsste man haben….)
sommerdiebe sagte:
Tolle Anregungen 🙂 Tauschticket ist bestimmt auch eine gute Sache. Allerdings hatte ich da immer so das Gefühl, dass ich da wenig finde, gegen das ich etwas eintauschen möchte 😉
Danke auch für deine Einblicke in die Proust-Lektüre. „Eine Liebe Swanns“ hab ich tatsächlich schon gelesen, hatte aber so das Gefühl, dass das so ein Buch ist, dass sich mit mehr Lebens- und Leseerfahrung vermutlich nochmal anders liest. War nur so ein Eindruck. Für seinen Romanzyklus „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ muss man wohl tatsächlich viel Zeit mitbringen, ist bei einem 40h-Job wohl doch eher schwierig zu bewältigen. Mal sehen, aber danke fürs „Mutmachen“ 😉
LG
Deborah
kutabu sagte:
Übers Tauschticket habe ich schon superschöne Sachen getauscht, z.B. Gogol, noch eingeschweißt (hähä und auch von mir noch ungelesen…), aber auch Filme, so manchen Klassiker. Schwieriger ist allerdings, die Bücher loszuwerden. Manche stehen dann bei mir noch jahrelang…
Bestimmt hast Du Recht mit der Lebenserfahrung für die Proustlektüre. Ich hatte nur bei mir den Eindruck, dass das Lesen an sich, das hochkonzentrierte, das man für diese Lektüre braucht, schwieriger wird ‚im Alter’… Kann aber auch sien, dass das nur bei mir so ist (ich habe Proust aber noch immer nicht aufgegeben, sondern suche nur noch nach der Zeit für ‚Auf der Suche nach der verlorenen Zeit‘ 😉