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Sommerdiebe

~ Kulturblog aus Berlin

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Schlagwort-Archiv: Sizilien

Literatur in 300 Wörtern (27): Paul Theroux – Der Fremde im Palazzo d’Oro

14 Sonntag Jun 2015

Posted by sommerdiebe in Literatur

≈ Ein Kommentar

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300 Wörter, Freizeit, Italien, Kritik, Kultur, Kurzkritik, lesen, Literatur, reisen, Rezension, Roman, Sizilien

palazzo_d_oroInhalt in 3 Sätzen: Sommer 1962: Ein amerikanischer, mittelloser Kunststudent unternimmt eine Reise nach Sizilien und fühlt sich sofort angezogen vom süßen Leben der Reichen und Schönen im mondänen Ferienort Taormina. Bald lernt er ein faszinierendes, aber ebenso undurchschaubares Paar kennen, das ihm ein unmoralisches Angebot unterbreitet. In Kürze verstrickt sich der junge Mann in ein Netz aus Leidenschaft und Abhängigkeiten, geheimen Sehnsüchten und seelischen Abgründen, aus dem er sich nur mit Schwierigkeiten wieder befreien kann.

Lieblingszitat: „Es war ein perfekter Tag, in der Ferne schimmerte das blaue Meer, der Ätna stieß in schöner Regelmäßigkeit kleine graue Rauchwolken aus, die dicken, gedrungenen Mauern des Palazzo waren unerschütterlich. Unter der großen grünen Markise hatte das Paar mit den weißen Hüten etwas Magisches. Ich will euer Leben leben, dachte ich wieder, es war Neid, beißend, scharf und neu, den ich am Gaumen schmeckte. Wussten diese Leute denn, wie gut sie es hatten? Wäre es nicht wunderbar, wenn ich an ihrer Stelle säße, ich selbst, um an diesem schönen sizilianischen Mittag mein Essen einzunehmen, ohne jede Eile, ohne weitere Pläne?“

Paul Theroux‘ Erzählstil ist sehr plastisch und atmosphärisch. Man merkt sofort, dass der Autor bereits viele Reiseberichte verfasst hat und auf diesem Gebiet sehr versiert ist. So entführt „Der Fremde im Palazzo d’Oro“ den Leser in die glühende Sommerhitze Siziliens und beschreibt meisterhaft die Anziehung und Abstoßung zwischen dem amerikanischen Studenten und der schönen Lebedame. Ein sehr sinnlicher Roman, der bis zuletzt spannend bleibt und am Schluss mit einer überraschenden Wendung zu überzeugen weiß.

Dieses Buch ist für Leser, die einen doppelbödigen und stimmungsvollen Roman lesen wollen. Mit psychologischem Feingefühl beschreibt Theroux die Erotik zwischen den Hauptfiguren und zeigt auf, wie sehr einzelne schicksalshafte Begegnungen ein Leben beeinflussen können. „Der Fremde im Palazzo d’Oro“ offenbart ein perfides Spiel um Schein und Sein, Verlangen und Abscheu und ist allein schon aufgrund der gelungenen swimmingpoolfarbenen Aufmachung das perfekte Sommerbuch – für alle, die es sowohl tief- als auch abgründig mögen!

Literatur in 300 Wörtern (22): Luigi Pirandello – Mattia Pascal

29 Sonntag Mrz 2015

Posted by sommerdiebe in Literatur

≈ 4 Kommentare

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300 Wörter, Freizeit, Geschichte, Italien, Kritik, Kultur, Kurzkritik, lesen, Lieblingsliteraten, Literatur, reisen, Rezension, Roman, schreiben, Schriftsteller, Sizilien

mattia_pascalInhalt in 3 Sätzen: Eine unglückliche Ehe, hohe Schulden und obendrein auch noch eine langweilige Arbeit als Bibliothekar: Mattia Pascals bisheriges Leben in einer kleinen italienischen Provinzstadt lässt sich als alles andere als erfüllend beschreiben. Als er sich mit seinem letzten Geld nach Monte Carlo aufmacht, dort überraschenderweise beim Roulette sogar ein großes Vermögen erspielt, scheint sein Leben jedoch eine positive Wendung zu nehmen. Im Zug zurück in seinen Heimatort stößt er auf eine mehr als eigenartige Meldung in der Zeitung: seine eigene Todesanzeige, die ihm eine neue Existenz ermöglicht!

Lieblingszitat: „Ich zitterte am ganzen Körper. Endlich blieb der Zug wieder in einer Station stehen. Ich öffnete die Wagentür und stürzte hinaus, ich hatte die wirre Vorstellung, ich müsse irgend etwas tun, sofort: ein dringendes Telegramm abschicken, um die Nachricht zu dementieren. Der Sprung aus dem Wagen wurde meine Rettung: als wäre meine dumme, fixe Vorstellung plötzlich aus meinem Gehirn geschüttelt, erkannte ich blitzartig…das war meine Befreiung, meine Freiheit, mein neues Leben! Ich hatte zweiundachtzigtausend Lire bei mir und mußte sie niemandem mehr geben! Tot war ich, tot: ich hatte keine Schulden mehr, keine Frau mehr, keine Schwiegermutter mehr, niemanden! Ich war frei! Frei! Frei! Was wollte ich mehr?“

In der Tat fühlt sich Mattia Pascal, als er seine alte Identität ablegt und sich von nun an Adriano Meis nennt, wie neugeboren, unternimmt jahrelang Reisen durch Europa und entdeckt neue Möglichkeiten und Lebensentwürfe. Luigi Pirandellos frühes Werk ist stark autobiographisch gefärbt und spiegelt die tief verwurzelte Sehnsucht des Autors wider, aus der bürgerlichen Welt auszubrechen und die lange aufrechterhaltene Fassade der eigenen Identität abzustreifen. Der Roman zeigt eindrücklich, teilweise tragikomisch und ironisch die Problematik auf, nicht zu wissen, was die eigene Persönlichkeit ausmacht und wie sehr diese äußeren Einflüssen unterliegt. Die „Freiheit“ des Protagonisten entpuppt sich bald wie so vieles andere als bloße Fassade, die ihm auch nicht zum dauerhaften Glück verhelfen kann. „Mattia Pascal“ – ein Roman über die Verunsicherung des modernen Menschen, über Identität und die Unmöglichkeit außerhalb der gesellschaftlichen Normen zu leben.

Dieses Buch ist für Leser, die sowohl eine leichtfüßige als auch nachdenklich stimmende Erzählung lesen möchten. Pirandello beweist die Fähigkeit, zugleich eine mitreißende und unterhaltsame Geschichte zu erzählen, die ebenso großen Raum für eigene Reflexionen bietet. Thematisch scheint sich Max Frischs Werk „Stiller“, das genau 50 Jahre später erschien, stark an Pirandello anzulehnen: Die Suche nach dem eigenen Ich und die Möglichkeit der Literatur, (Lebens-)Geschichten nach Belieben wiederzugeben, steht hier ebenso stark im Vordergrund. Somit sei Pirandellos Roman auch unbedingt Frisch-Lesern sehr ans Herz gelegt.

Lesen 2014 – Mein persönlicher literarischer Jahresrückblick

14 Sonntag Dez 2014

Posted by sommerdiebe in Literatur

≈ 5 Kommentare

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Alltag, Bücher, Freizeit, Italien, Kurzgeschichten, Kurzkritik, lesen, Lieblingsliteraten, Literatur, Musik, Philosophie, Rezension, Roman, Russen, schreiben, Schriftsteller, Sizilien

Wieder ein Jahr vergangen und da es nur noch wenige Tage bis 2015 sind und einige ja vielleicht auch noch auf der Suche nach Geschenk-Inspirationen für Literaturliebhaber sind, kommt hier wieder mein persönlicher Rückblick auf mein literarisches Jahr. Ich habe zwar 2014 weitaus weniger gelesen als in so manch anderem Jahr, aber das wird sich vielleicht ja auch bald wieder ändern – spätestens nach der Masterarbeit. Hier also mein Jahr in Büchern: Meine persönlichen Lese-Favoriten dieses Jahr (Top 3) Keine leichte Entscheidung, da mir in diesem Jahr einige starke Werke begegnet sind, aber auf diese würde ich mich mal festlegen:

  1. Giuseppe Tomasi di Lampedusa – Der Gattopardo

Der GattopardoDieses Werk habe ich in meinem Blog schon öfter erwähnt, einfach – weil, es einen bleibenden Eindruck beim Lesen hinterlässt! Deshalb kommt es auch in diesem Rückblick erneut ganz nach oben auf die Liste. Giuseppe Tomasi di Lampedusa beschwört in seinem Sizilien-Roman mit einer faszinierenden Sprache den Zauber einer vergangenen Epoche herauf und zeigt wie kein anderer das Wesen des Sizilianers, dem es am allerliebsten ist, wenn alles bleibt, wie es ist. Bezeichnend ist dann auch der sehr oft zitierte Satz aus dem Roman: „Wenn wir wollen, dass alles bleibt wie es ist, muss sich alles ändern.“ Oberflächlich werden Reformen angestrebt, am Ende siegt jedoch doch der Stillstand und die Trägheit. Auch im heutigen Sizilien noch sehr gut im Alltag nachvollziehbar…ich weiß, wovon ich spreche 😉

  1. Michail Bulgakow – Der Meister und Margarita

Der Meister und Margarita Stand auf der Leseliste – und tatsächlich habe ich es in diesem Jahr geschafft, dieses besondere Buch zu lesen. Sehr skurril – dies erschwerte gerade am Anfang die Lektüre etwas, doch bald hatte mich der Plot gepackt: der Teufel und seine Gehilfen stürzen Moskau in ein heilloses Chaos. Bulgakow zeichnet eine sehr treffsichere und teils bittersüße Satire auf die damalige sowjetische Gesellschaft, die nicht selten von unnötig komplizierter Bürokratie (wer kennt sie nicht?) und Feigheit des Einzelnen geprägt war. Einige der besonders eindrücklichen Figuren wie der fette Riesenkater Behemoth bleiben im Gedächtnis haften und machen diesen Roman zu einer zwar amüsanten, aber auch nachdenklich stimmenden Lektüre – da man ahnt, dass vieles, was hier karikiert wird, sicher in Wirklichkeit nicht immer so zum Lachen war. Sicher ein Buch zum immer wieder lesen, da man die unzähligen Anspielungen wohl unmöglich gleich bei der ersten Lektüre fassen kann. Achja, und seit ich mal zufällig las, dass die Rolling Stones sich mit ihrem Song „Sympathy for the Devil“ auf Bulgakows Roman beziehen, höre ich dieses Stück Popgeschichte auch anders.

3. Truman Capote aucapote_aufreisenf Reisen

Der Titel dieses Blogs verrät es ja schon: ja, Truman Capote lässt mich nicht los. Er ist einfach ein verdammt talentierter Schriftsteller mit noch so vielen Texten, die es zu entdecken gilt. Im Sommer fiel mir das schöne Bändchen „Truman Capote auf Reisen“ in die Hände, was mich auf der Stelle auch von seinem Geschick für unterhaltsame Reisereportagen überzeugte. (wie ich hier dann auch schrieb) Schöne leicht und flockig geschriebene Texte, die sich sehr gut zwischendurch lesen lassen. Schade nur, dass das Buch so schnell ausgelesen war.

Liebster Kurzgeschichten-Band

munro Romane zu lesen ist immer auch mit Zeit verbunden. Natürlich liest sich ein Roman mit unzähligen Figuren und komplexerem Handlungsgefüge nicht immer so schnell runter, wie eine Kurzgeschichte. Dachte ich. Bis ich Alice Munro las. Ihre Kurzgeschichten, für die sie 2013 ja auch den Literaturnnobelpreis verliehen bekam, sind zwar sehr komprimiert, aber dennoch atmosphärisch so dicht, teilweise auch mit rätselhaftem Ende, so dass sie den Leser noch über die Lektüre hinaus beschäftigen. Wie ist das gerade Gelesene zu deuten? Munros handwerklich gut geschriebenen Erzählungen genießt man am besten in kleinen Portionen, immer nur eine Geschichte, dann Pause. So entfalten sie ihre literarische Kraft und lassen umso mehr Raum für eigene Reflexionen und Interpretationen.

Lieblingsbuchcover Basil and Josephine

F. Scott Fitzgerald – Basil and Josephine

Dieses Buch ist mir am Bahnhof in Rom aufgefallen. Mit seinen goldenen Verzierungen und dem 20er-Jahre-Art Deco-Stil habe ich es sofort in mein Herz geschlossen und – gekauft! Die enthaltenen Kurzgeschichten zählen zu F. Scott Fitzgeralds Frühwerk, sind vielleicht noch nicht ganz so aufgereift wie späteres von ihm, aber auf jeden Fall lesenswert. Anders als der Einband vermuten lässt, handelt es sich nicht um ein Liebespaar (Basil and Josephine), sondern um Erzählungen, die die beiden Figuren individuell in ihrem Alltag und ihren Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens beleuchten.

Lesenswerte denkwürdige Worte über das Schreiben: „You don’t write because you want to say something, you write because you have something to say.“ (F. Scott Fitzgerald)

Schönster Zufallsfund

Siegfried Kracauer – Über die Freundschaft freundschaft

Ich war eines Morgens auf Masterrecherchen in der Jenaer Uni-Bib, wollte eigentlich nur zum Siegfried-Kracauer-Regal, weil dieser bekannterweise ja ein bekannter Filmkritiker und -theoretiker war und somit durchaus auch für meine Masterarbeit interessant sein könnte. Das Buch, was ich eigentlich gesucht hatte, war dann doch nicht so hilfreich, aber: das, was daneben im Regal stand, faszinierte mich schon durch den Titel: Über die Freundschaft. Kurzerhand wanderte es in mein Bibliothek-Körbchen – und einmal reingelesen – war an Masterarbeit nicht mehr zu denken. Die nächsten 2 Stunden geriet ich einen Sog, in dem ich alles um mich herum vergaß und nur noch dachte: wow, wie viel Wahres, wie viele inspirierende Gedanken stecken doch in diesem Buch! Kracauer beschäftigt sich in philosophischer Manier, aber auch sehr anschaulich mit einem der tiefsten Gefühle, die ein Mensch für einen anderen Menschen empfinden kann. Am Ende dieses Masterarbeit-Morgens hatte ich zwar fast nichts für meine Arbeit geschafft, umso schöner war es jedoch, so einen bereichernden Zufallsfund gemacht zu haben!

3 Autoren, die ich auch 2015 im Auge behalten werde Luigi Pirandello

1. Luigi Pirandello

Auf diesen sizilianischen Autor bin ich dieses Jahr zufällig durch ein Seminar gestoßen. Mich hat die Sprache seiner Erzählungen sehr beeindruckt, ebenso wie sein Gespür für besondere nahezu mystisch und irreal wirkende Stimmungen. Mit „Mattia Pascal“ möchte ich im neuen Jahr unbedingt auch mal einen seiner Romane lesen. Dieser dreht sich um einen Protagonisten, der für tot gehalten wird und so endlich die Chance hat mithilfe einer anderen Identität ein neues Leben zu beginnen. Klingt spannend. Ich bleib Pirandello auf den Fersen.

2. Truman Capote

Einer meiner Lieblingsautoren, deshalb bin ich mir sicher, dass ich dessen Texte auch in Zukunft weiter verschlingen werde. Auf dem Bücherflohmarkt truman_capotehabe ich neulich seinen Roman „Andere Stimmen, andere Räume“ gefunden, dieser steht auf jeden Fall auf der Leseliste für 2015. Der Roman galt lange als eigentliches Debüt, bis „Sommerdiebe“ auf einem Dachboden auftauchte und sich als wirkliches Erstlingswerk herausstellte. Thematisch dreht sich „Andere Stimmen, andere Räume“ um einen 13-Jährigen, der nach dem Tod seiner Mutter unverhofft nach Alabama zu seinem Vater ziehen muss und sich dort nur sehr zögerlich an das bestehende Familienleben auf dem Lande gewöhnen kann. Verlorenheit, die Suche nach sich selbst, der Roman soll auch viel Autobiographisches enthalten. Sicher keine leichte Kost, aber ich freu mich schon darauf, weiter in Capotes Seelenwelten einzutauchen. Russische Literatur 3. Die Russen

Ich sag das mal so profan daher: Aber für mich stellen russische Schriftsteller einfach eine ganz besondere Kategorie dar, sodass ich mich gar nicht auf einen Schriftsteller festlegen will! Dostojewskij, Turgenjew, Tschechow…diese Autoren stehen weiter auf der langen Liste. Mit Bulgakow hatte ich dieses Jahr ja schon ein wunderbares Leseerlebnis, dies soll unbedingt weiter gehen. Die Russen haben es mir definitiv mit ihrer Melancholie, ihrer lakonischen Sprache aber auch mit ihrem außergewöhnlichen, teils zynischen Humor angetan.

Und was habt ihr in diesem Jahr gelesen? Was hat euch besonders gefallen? Welche Bücher stehen auf eurer Liste für 2015? Schreibt ’nen Kommentar, ich freu mich!

Aus dem Alltag einer Literaturstudentin (4)

23 Sonntag Nov 2014

Posted by sommerdiebe in Alltagsgeschichten, Berlin, Das süße Leben, Film, Kunst, Literatur, Musik

≈ 2 Kommentare

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Alltag, Bücher, Berlin, Film, Geschichte, Italien, Kurzkritik, Literatur, Musik, Rezension, Roman, Sizilien, studieren

Wer sich gefragt hat, warum hier in diesem Blog schon seit längerem so eine Stille herrscht, dem sei ein Wort gesagt: MASTER. Denn, wie die Zeit verrennt: Meine Studienzeit neigt sich tatsächlich dem Ende entgegen. 5 1/2 Jahre im Kreise der Literaturwissenschaft – eine spannende, erkenntnisreiche Zeit und ich habe meine Entscheidung für dieses Studienfach nie bereut. (auch wenn ich den Satz „Und du fährst dann wohl später mal Taxi?!“ immer noch nicht hören kann) Deshalb, noch ein letztes Mal, Bericht aus dem Alltag einer Literaturstudentin.

keun+doeblin

1. Master of Arts

Eine Formulierung für den zu erlangenden akademischen Grad, der mir seit Monaten nicht aus dem Kopf geht. Zuerst grübelte ich lange, welches Thema ich wählen sollte. Bei so vielen wunderbaren Büchern in meinem Regal – mit welchen wollte ich mich die nächsten 5 Monate (und vielleicht sogar noch darüber hinaus) wirklich intensiver beschäftigen? Die Wechselwirkungen zwischen Literatur und Film faszinierten mich schon lange – schließlich fiel mir wieder Irmgard Keuns „Kunstseidenes Mädchen“ ein, dass ich vor einer Weile gelesen hatte. Dort hieß es sogar explizit, dass die Protagonistin „wie Film schreibe“. Von da an überschlugen sich meine Gedanken: Berlin, 1920er Jahre, pulsierende Großstadt, Film Film Film! Schnell war ich bei Döblin, der mit „Berlin Alexanderplatz“ zwar sicher keinen leicht zugänglichen, aber immerhin einen der bedeutendsten Großstadtromane der Moderne verfasst hat. Somit werde ich jetzt also die Großstadtdarstellung in beiden Romanen untersuchen, inwieweit der Begriff „filmische Schreibweise“ zutreffend ist und ob die Literatur wirklich so sehr vom Film abgekupfert hat, wie immer behauptet wird. Und Querverweise zu populären Großstadtfilmen wie dem folgenden Werk wird es sicher auch geben:

berlin-sinfonie

2. Berlin – Die Sinfonie der Großstadt

Bereits gesichtet – ohne Frage ein beeindruckender Film – und das sicher nicht nur für eingefleischte Berliner wie mich, die ihre Heimat aus tiefstem Herzen lieben. Die unzähligen dokumentarischen Episoden des Alltagslebens lassen sofort den Wunsch aufkommen, eine Zeitmaschine zu besteigen, zurück in die Roaring Twenties zu reisen und in schickem Kostüm die Bürgersteige entlangzuflanieren oder einen gepflegten Kinoabend in einem der glamourösen Filmpaläste der damaligen Zeit (stehen heute leider nicht mehr) zu verleben. Die viel gerühmten avantgardistischen Schnitttechniken des Films untermauern die einmalige Atmosphäre der hektischen und pulsierenden Metropole, ebenso wie die Musik das Gezeigte sehr treffend und teilweise sogar ironisch untermalt. Großartiges Berlin-Porträt!

gattopardo+caffe

3. Sizilianische Nostalgie

Wenn ich dann doch mal Abwechslung von den Masterrecherchen brauche, träume ich mich immer noch sehr gerne in sizilianische Sphären. Selbst wenn es nur etwas mehr als 5 Monate waren, die ich im letzten Wintersemester auf der Sonneninsel verbrachte: ich vermisse sie immer noch. Einige Alltagsrituale wie einen espresso nach dem Mittagessen zu trinken (schwarz wie die Nacht, heiß wie die Hölle, süß wie die Liebe) oder eine gemütliche Siesta hab ich mir immer noch nicht abgewöhnt. Wenn der Bus morgens für deutsche Verhältnisse „voll“ ist und um mich herum das Gemecker ausbricht, lächle ich immer noch entspannt vor mich hin und denke mir: piano, piano, Leute! Letzte Woche fiel mir der sizilianische Roman in die Hände: „Der Gattopardo“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Kaum begonnen mit der Lektüre kann ich mich kaum noch losreißen. Ein fesselndes Buch mit einer bildreichen Sprache, die viele Eindrücke, die ich selbst auf der Insel gewonnen habe, wieder heraufbeschwört. Jaja, die Sizilianer und ihre Eigenheiten. Auch wenn dieses Werk in den späten 1950er Jahren veröffentlicht wurde, wie viel Wahres über das sizilianische Wesen steckt doch in diesem Roman!

gitarre

4. Viva la chitarra!

Last but not least bin ich jetzt unter die Musiker gegangen. Schon seit dem Frühjahr spiele ich Akustikgitarre und bin schon fast süchtig danach, immer noch mehr zu lernen, noch mehr Songs spielen zu können. Glücklicherweise habe ich in Jena auch einige Gleichgesinnte gefunden, denen es ebenso Spaß macht, gemeinsam Musik zu machen. So liegen schon so einige gemütliche Jam-Sessions hinter mir. Wirklich ein toller Ausgleich zum teilweise doch etwas theoretischen akademischen Forschungsalltag. Ich bereue schon fast, dass ich nicht schon viel früher damit begonnen habe, ein Instrument zu spielen. Konnte ja keiner ahnen, dass das so etwas Wunderbares ist…

Truman Capote, auf Reisen

30 Mittwoch Jul 2014

Posted by sommerdiebe in Literatur, Reisen

≈ Ein Kommentar

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Freizeit, Genuss, Italien, Kritik, Kultur, Kurzkritik, lesen, Lieblingsliteraten, Literatur, reisen, Rezension, schreiben, Schriftsteller, Sizilien

Truman Capote, auf Reisen

Truman Capote, Autor berühmter Werke wie „Frühstück bei Tiffany“ und „Kaltblütig“, war nicht nur Verfasser beeindruckender Romane, sondern schrieb immer wieder auch journalistische Artikel. Einiger seiner lebendigen Reisereportagen aus den 1950er Jahren sind in dem kleinen, aber feinen himmelblauen Büchlein des Kein & Aber-Verlags versammelt. Capote lässt in seinen anschaulichen und literarisch ausgeklügelten Schilderungen bei einem schnell das Gefühl entstehen, live dabei gewesen zu sein, ob auf seinen Streifzügen durch die dämmrigen Straßen New Yorks oder seinen Spaziergängen durch das abgeranzte New Orleans, das trotz seiner Armut und Einfachheit seinen ganz einzigartigen Charme entfaltet.

Oft sind es vor allem die Menschen, die kleinen Begegnungen, die ganz alltäglichen kleinen Begebenheiten, die Capote an einem Ort faszinieren und die er mit seiner ganz besonderen Beobachtungsgabe einzufangen weiß. Seine Reisen führen ihn auch nach Afrika und Europa: beispielsweise in die marokkanische Hafenstadt Tanger, wo nicht nur die exklusive Gesellschaft ihren Platz gefunden hat, sondern auch immer wieder die eine oder andere Künstlerpersönlichkeit gestrandet ist: „Ehe Sie herkommen, empfehlen sich drei Dinge: Lassen Sie sich gegen Typhus impfen, heben Sie Ihre gesamten Ersparnisse ab und sagen Sie ihren Freunden Lebewohl, denn es ist gut möglich, dass Sie sie nie wiedersehen,“ resümiert Capote lapidar und verweist damit auf den außergewöhnlichen Zauber einer Stadt, dem er ohne Frage wohl auch bei einer seiner vielen Reisen erlegen ist.

Capote im Süden, 1950

Capote im Süden, 1950

Weiter geht die Reise nach Spanien, wo Capote eine eigenartige und nahezu absurde Zugfahrt durch die flirrende Hitze Andalusiens erlebt. Auch in Sizilien und Ischia legt er an. Orte, an denen er nicht nur die faszinierende Natur Süditaliens kennenlernt, sondern auch die Menschen, die dort leben und arbeiten. Capote schildert sie mit seinem ganz speziellen gutmütigen Humor, mit viel Gespür für die Details und die Stimmung der erlebten Situation. Der Leser folgt ihm bis nach Venedig, wo diese spannende Lektüre und Reise leider zu ihrem Ende findet. Capote träumt bereits von den herrlichen Shrimps, die er dort zu sich nehmen wird: „Ich habe den ganzen Tag nichts gegessen, denn was könnte schöner sein, als aus der Nacht in das warme Stimmengewirr von Harry’s Bar zu treten und diese köstlichen kleinen Krabbensandwiches mit ein, zwei oder mehr Martinis hinunterzuspülen.“ Sehr bedauerlich, dass uns Capote diese Episode vorenthält, aber man kann sich’s denken…auch in Venedig und vielen weiteren bereisten Destinationen geht das mondäne Schriftstellerleben weiter.

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