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Sommerdiebe

~ Kulturblog aus Berlin

Sommerdiebe

Schlagwort-Archiv: Theater

Last-Minute-Geschenkideen für Kulturjunkies

17 Samstag Dez 2016

Posted by sommerdiebe in Berlin, Film, Kunst, Literatur, Theater

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Ausstellungen, Bücher, Berlin, Freizeit, Geschenkideen, Geschenktipps, kaufen, Kino, Kultur, Kunst, lesen, Literatur, Skurriles, Theater, Weihnachten

Wer kennt das nicht: Wochenlang denkt man sich „Ach, ich hab ja noch ewig Zeit, Geschenke zu kaufen.“ Und dann. Zack. Schon wieder 4. Advent! Für alle, die immer noch ratlos sind, womit sie einem kulturbegeisterten Menschen in ihrem Umfeld eine Freude machen können, habe ich hier 3 Geschenktipps gesammelt.

1. Kultur-Flatrate für Theater, Museen, Kino & Co.

Gutscheine haben ja oft einen eher bescheidenen Ruf. Völlig zu Unrecht! Denn was gibt es für einen Kultur-Fan Schöneres, als Kunst, Theater und Kino quasi unbegrenzt genießen zu können? Möglich machen das Gutscheine für Jahreskarten, beispielsweise für Museen, Theater oder Kinos. Auch der Gildepass, mit dem Ihr in vielen Arthouse-Kinos in ganz Deutschland ermäßigte Tickets bekommt, ist ein schönes Geschenk.

Ich selbst hab letztes Weihnachten eine Jahreskarte für das Deutsche Theater bekommen und muss im Rückblick sagen, dass ich wohl in meinem ganzen Leben noch nie so häufig im Theater war wie dieses Jahr. Es lohnt sich, denn plötzlich gönnte ich mir dank des tollen Rabatts auch mal Karten in den vordersten Reihen, von denen aus das Theatererlebnis um einiges beeindruckender war als von den „billigen Plätzen“ im 2. Rang. Mit einem solchen Kulturabo ist plötzlich auch der Anreiz größer sich mal vom gemütlichen Sofa fortzubewegen und stattdessen das unglaublich große Angebot zu nutzen, das eine Metropole wie Berlin bietet. Auf meiner Weihnachtsfeier im Büro hab ich eine Jahreskarte für die Staatlichen Museen Berlin geschenkt bekommen…ich weiß schon jetzt, wo ich 2017 viel, viel Zeit verbringen werde!

Kunst ist ein Geschenk - Jahreskarte für die Staatlichen Museen Berlin

Kunst ist ein Geschenk – Jahreskarte für die Staatlichen Museen Berlin

2. Street-Art entdecken in Berlin

Ich selbst hab im Sommer bei einer von Tobis Street-Art-Führungen mitgemacht und kann sagen: Es lohnt sich. Hier konntet Ihr meinen Bericht lesen.
Seit ich auf einer 3-stündigen Tour durch Friedrichhain-Kreuzberg all die kleinen und großen Werke bewundert habe, sehe ich Graffiti mit anderen Augen. Tobi kennt sich mit Street-Art und auch mit aktuellen politischen Fragen, die die jeweiligen Kieze beschäftigen, gut aus. Eine kurzweilige Tour, bei dem Wissen locker-flockig vermittelt wird – was will man als Kultur- und Street-Art-Fan eigentlich mehr?
Neben Touren zur Kunstszene Berlins bietet Tobi übrigens auch Touren zur Stadtentwicklung und zur Geschichte und Kultur bestimmter Bezirke an. Einfach mal hier stöbern: Termine und Infos zu den Touren

alice-warschauer-strasse

3. Schöne Klassiker schenken

Bücher – quasi ein todsicheres Geschenk. Wenn man denn weiß, welchen Buchgeschmack der zu Beschenkende ungefähr hat. Ich persönlich stolpere in Buchläden ja immer über besonders ästhetische Bücher, in farbigen Leinen gebunden oder mit besonders ansprechendem Schriftbild. Ich mag es, wenn Bücher sich in der Hand gut anfühlen, vielleicht sogar noch ein farblich passendes Lesebändchen haben. Es kann mir noch so oft jemand was von praktischen E-Books erzählen – ein ästhetisch ansprechendes Buch ist einfach tausendmal schöner. Gerade berühmte Klassiker gibt es oft in sehr hochwertigen Ausgaben, die man sich selbst aber leider viel zu selten gönnt. Das perfekte Geschenk also. Hier eine kleine Auswahl von echten Schmuckstücken, die ich in letzter Zeit in Buchläden bewundert habe:

Puschkin - Die Erzählungen, Die RomaneAlan Bennett - Die souveräne LeserinOscar Wilde - Das Bildnis des Dorian GrayHenry James - Eine Dame von Welt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schon Geschenke gekauft? Womit macht Ihr dieses Jahren Eurer Familie oder Euren Freunden eine Freude? Ich bin gespannt auf weitere Geschenktipps!

Theater: Houellebecqs „Unterwerfung“ im Deutschen Theater Berlin

02 Donnerstag Jun 2016

Posted by sommerdiebe in Berlin, Literatur, Theater

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Schlagwörter

Berlin, Freizeit, Kritik, Kultur, Kurzkritik, Literatur, Rezension, Roman, Theater

Unterwerfung im Deutschen Theater Berlin Rezension

Den Roman „Unterwerfung„ auf die Bühne bringen – sicher kein leichtes Unterfangen. Doch aus genau diesem Grund war ich auch sehr gespannt, wie Houellebecqs Untergangsvision vom Deutschen Theater adaptiert werden würde.

Stephan Kimmigs Inszenierung setzt auf ein recht schlichtes, steriles und nahezu unwirklich erscheinendes Bühnenbild: Ein großer weißer Krankenhausraum mit einigen wenigen Requisiten wie einem Klinikbett und einem modernen Drehstuhl. Protagonist Francois (Steven Scharf), im Buch wie auf der Bühne ein lustloser und vereinsamter Intellektueller, wirkt in diesem kargen Raum tatsächlich von Anfang an sehr verloren. Francois – so legt das Theaterstück nahe – steht stellvertretend für die Krise, in der Europa gerade steckt, zeigt die Verlorenheit von Intellektuellen, in einer Zeit, in der Statussymbole und der Kontostand das Wichtigste sind und die Religion keinen Halt mehr zu geben scheint.

Ausgehend von dieser „Krankenhaussituation“, in der die Hauptfigur immer wieder Besuch von den unterschiedlichsten politischen Anhängern bekommt – von den Identären, von der Rechtspopulistin Le Pen oder später vom neuen Präsidenten Ben Abbes – werden dem Zuschauer Stück für Stück Houellebecqs Thesen präsentiert. Die Handlung des Romans wird nicht immer 1:1 chronologisch auf der Bühne erzählt – für Romanleser ist das kein Problem, für alle anderen an der einen oder anderen Stelle aber bestimmt durchaus verwirrend. Die Theaterinszenierung ist mit Vorwissen sicher um einiges besser zu verstehen – denn die insgesamt 5 Schauspieler (mit Ausnahme der Hauptfigur) spielen immer gleich mehrere Rollen. So schlüpft beispielsweise Lorna Ishema innerhalb von wenigen Momenten in die Rolle einer Krankenschwester, wettert als Marine Le Pen gegen die EU oder mimt wenige Augenblicke später die verführerische Freundin von Francois – die junge Studentin Myriam. Dies gibt dem Stück insgesamt viel Dynamik und sorgt für Abwechslung in dem doch sehr handlungsarmen Stück.

Denn  – dies ist sicher die große Schwierigkeit bei der Adaption von „Unterwerfung“: Houellebecqs Roman ist ingesamt ein sehr theoretischer Roman, besteht aus Thesen und gibt den meisten Figuren lediglich den Raum, ihren Standpunkt zu erläutern. Ich erinnere mich noch selbst meine Lektüre von „Unterwerfung“ und an die sehr dialoglastige Struktur des Romans. Das Theater lebt als Medium hingegen mehr von der Aktion auf der Bühne. Im Großen und Ganzen ist es Regisseur Stephan Kimmig zwar ohne Zweifel gelungen, Houellebeqcs Thesen zu verdeutlichen – sie in einer Art Schnelldurchlauf auf die Bühne zu bringen. Gleichzeitig würde ich mich jedoch auch der Meinung vieler Rezensenten anschließen, dass Houellebecqs Stoff an diesem Abend ein wenig die Provokation und Brisanz genommen wurde. Oder entsteht dieser Eindruck, weil unterdessen schon so viel über „Unterwerfung“ diskutiert wurde?!
Die Inszenierung ließ mich zwar nicht kalt und lieferte mir durchaus genug Denkstoff für den Heimweg – um Houellebecqs Zukunftsvision und seine Thesen zum Zustand der modernen westlichen Gesellschaft jedoch gänzlich zu erfassen, führt dennoch kein Weg an der Lektüre seines Romans vorbei.

Unterwerfung (Regie: Stephan Kimmig)
nächste Termine:
7. , 16. und 29. Juni 2016

Meine kulturelle Woche

21 Sonntag Feb 2016

Posted by sommerdiebe in Berlin, Film, Fotografie, Kunst, Literatur, Theater

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Schlagwörter

Alltag, Arthouse, Ausstellungen, Bücher, Berlin, Film, Fotografie, Freizeit, Geschichte, Kino, Kritik, Kultur, Kunst, Kurzkritik, lesen, Literatur, Rezension, Roman, Schriftsteller, Skurriles, Theater

Es gibt so Wochen, da komme ich mit dem Bloggen gar nicht mehr hinterher. Vor allem diese Woche war kulturell sehr bunt, daher hier: ein kurzer Rückblick, locker-flockig runtergeschrieben. Viel Spaß!

Montag ins Theater

Nach Feierabend noch ins Theater – eine sehr gute Idee. Ich hab zu Weihnachten eine Theaterdauerkarte vom Deutschen Theater bekommen, mit der ich jetzt noch das ganze Jahr Rabatt auf alle regulären Theaterkarten bekomme. Wirklich eine schöne Sache, so saß ich am Montagabend in Reihe 8, um mir das Stück „Die Affäre Rue de Lourcine“ anzusehen. Das Stück wurde bereits 1857 (!!!) uraufgeführt, wie ich erst später zu meiner großen Überraschung bei Wikipedia las. Hätte ich angesichts dieser modernen nahezu kafkaesken Inszenierung wirklich nicht gedacht! Inhaltlich geht es um einen jungen Mann, der nach einer wilden Partynacht sehr verkatert erwacht und sich an nichts mehr erinnern kann. Hat er eine junge Frau ermordet, wie es ein Zeitungsbericht nahezulegen scheint? Sein Filmriss wird voller Phantasie dargestellt. Das aufwendige Bühnenbild mit Drehbühne zeigt sehr eindrücklich die Nachwirkungen einer alkoholreichen Nacht, nach der der Protagonist in großer Verwirrung alles doppelt sieht und sich Dinge und Personen einbildet, die (vermutlich) gar nicht da sind. Zwischendurch: derber, aber dennoch tiefsinniger Humor. Schräg und schrill – so lässt sich diese Inszenierung von Regisseurin Karin Henkel auf den Punkt bringen. War wirklich erfrischend mal gute 1,5 Stunden in diese bunte Traumwelt einzutauchen.

Die Affäre Rue de Lourcine

Houellebecq lesen

Michel Houellebecq: UnterwerfungUnterwerfung. Dieses Buch wurde ja in letzter Zeit in der Presse und überhaupt viel diskutiert. Letztes Wochenende fiel es mir in meinem Buchladen in die Hände – und dann auch in mein Einkaufskörbchen. Von Houllebecq hatte ich vorher schon einige Bücher mal in der Hand – aber beim Reinlesen konnte ich meist wenig damit anfangen. Dieser Roman bestand allerdings die erste Probe: beim Reinlesen blieb ich prompt hängen. Jeden Morgen lese ich jetzt „Unterwerfung“ in der S-Bahn, die Hälfte hab ich schon durch. Bisher finde ich das Buch gut geschrieben, erschreckend realistisch (hat Houllebecq wirklich die Anschläge in Paris vorhergesehen?!) – bin sehr gespannt, wie es noch endet. Bald dann sicher mehr darüber hier im Blog.
Im Deutschen Theater läuft übrigens bald eine Inszenierung – wäre auch mal interessant, wie man so einen Stoff auf die Bühne bringen kann?!

Clooney als Römer – Hail, Caesar!

Wie kann man das Wochenende besser einläuten als mit einem Kinobesuch? „Hail Caesar“ ist ja gerade frisch ins Kino gekommen und wieder ein typischer Coen: skurrile Charaktere, gespickt mit tausend Anspielungen und Verweisen auf die Film- und Geistesgeschichte und natürlich sind auch wieder einige bekannte Coen-Darsteller wie Tilda Swinton, Scarlett Johansson, Ralph Fiennes wieder mit dabei. Von der Story her recht simpel, ansonsten aber wieder eine aberwitzige Idee nach der nächsten. Freunde des absurden Humors werden an diesem bis ins kleinste Detail durchkomponierten Film sicher ihre helle Freude haben.

Michel Houellebecq: Unterwerfung

Film und Fotografie im Willy-Brandt-Haus

"Katz und Maus" BRD 1966 Lars BrandtHabe ich sicher schon öfter geschrieben, aber man kann es nicht oft genug sagen: Das Willy-Brandt-Haus in Berlin-Kreuzberg bietet regelmäßig tolle Fotoausstellungen an – und das bei freiem Eintritt! Am heutigen verregneten Sonntag machte ich mich wieder mal dorthin auf, um mir gleich beide der aktuell laufenden Ausstellungen anzuschauen. In der ersten Ausstellung „Papas Kino ist tot“ werden Filmstills aus Filmen des Regisseurs Hansjürgen Pohland gezeigt. Wie ich vorher auch nicht wusste, ist dieser einer der wichtigsten Vertreter der Strömung des Neuen Deutschen Films, der u.a. auch andere bekannte Filmemacher wie Rainer Werner Fassbinder, Alexander Kluge, Wim Wenders und Werner Herzog angehörten. Weg vom Heimatfilm, hin zu einem ästhetisch und intellektuell anspruchsvollerem deutschen Film, so war das Credo dieser jungen Filmemacher. Die zahlreichen gezeigten Standbilder aus Filmen wie „Katz und Maus“ und „Das Brot der frühen Jahre“ haben mir gut gefallen. Ist ja immer ein gutes Zeichen, wenn Bilder durch ihre Komposition überzeugen – ganz ohne, dass man den Plot des Films kennen muss.

Eine Etage tiefer wird unter dem Titel „Der ewige Augenblick“ das Werk der Spiegel-Pressefotografin Digne M. Marcovicz präsentiert. Vor allem in den 1960er bis 1980er Jahren porträtierte diese zahlreiche bekannte Künstler, Denker und Schriftsteller wie zum Beispiel Günther Grass, Ingeborg Bachmann, Max Frisch, Theodor W. Adorno, Martin Heidegger..kurzum: so ziemlich jede berühmte (intellektuelle) Persönlichkeit mit Rang und Namen. Darüber hinaus hatte sie einen besonderen Draht zu den Filmemachern des Neuen Deutschen Films. So lichtete sie zum Beispiel Fassbinder und Schlöndorff hinter den Kulissen ab. Ihr Werk eröffnet tiefgreifende Einblicke in das Werk und Leben der dargestellten Persönlichkeiten der Kunst, Kultur und Philosophie. Darüber hinaus kann man sich – durch die recht unkonventionelle Präsentationsform der ausgestellten Fotografien und Kontaktabzüge – einen Eindruck von der persönlichen Arbeitsweise der Fotografin verschaffen. Sehenswerte Ausstellung!

Fotograf: Digne Meller Marcovicz <BR> Aufnahmedatum: 01.01.1971 <BR> Inventar-Nr.: 1004244

Damit geht meine kulturelle Woche zuende. Was habt Ihr diese Woche gelesen, geschaut oder Neues erfahren? Ich bin gespannt und freue mich über Eure Kommentare!

Theater: Onkel Wanja im Deutschen Theater Berlin

09 Samstag Jan 2016

Posted by sommerdiebe in Berlin, Theater

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Berlin, Freizeit, Kritik, Kultur, Kurzkritik, Literatur, Rezension, Russen, Theater

Deutsches Theater Berlin / Ⓒ horstg1

Das neue Jahr ging kulturell gut bei mir los. Ich habe zu Weihnachten unter anderem eine schöne Jahreskarte für’s Deutsche Theater Berlin bekommen – das heißt ich werde in Zukunft wieder häufiger ins Theater gehen. Es ist eben doch was ganz anderes literarische Werke nicht nur zu lesen, sondern mit Schauspielern auf einer Bühne zu sehen. Ich finde es immer wieder schön zu sehen, wie den Texten Leben eingehaucht wird und mich auf ganz andere Art und Weise berühren als das bloße geschriebene Wort. So viel dazu. Auf ein theaterreiches Jahr 2016!

Onkel Wanja - Deutsches Theater Berlin

Mein erstes Stück in diesem Jahr war Onkel Wanja von Anton Tschechow, was nicht nur perfekt zum sibirischen Berliner Winter passte, sondern mich vor allem durch die großartige Schauspieler und spannende Umsetzung begeisterte. Ulrich Matthes spielt die Titelrolle, den lethargischen Gutsverwalter Iwan (Wanja), auf sehr eindrucksvolle und bewegende Weise. Auch die zahlreichen anderen Figuren wie der idealistische Landarzt Astrow (mit nahezu groteskem Schnurrbart: Jens Harzer), die junge verführerische Frau des Professors (Constanze Becker) oder die unglücklich verliebte Sonja (Meike Droste) sind ideal besetzt und hauchen dem (ansonsten recht ereignislosen Stück) viel Leben ein. Denn, die Lethargie, Melancholie und das Philosophieren über verpasste Chancen nehmen in Tschechows Stück sehr großen Raum ein. Es ist durchaus eine Kunst, die Spannung in diesem recht dialoglastigen Stück die ganze dreistündige Spielzeit über für den Zuschauer aufrecht zu erhalten. Dem von Regisseur Jürgen Gosch engagiertem Schauspielerensemble gelingt dies aber mit Bravour: es fließt die eine oder andere Träne, es wird gesungen, Wodka getrunken und getanzt, philosophiert und lamentiert – und schließlich folgt früher oder später die bittere Erkenntnis, dass das eigene Leben keinen Sinn gemacht hat bzw. dass man sich umsonst um ein erfülltes Leben bemüht hat.

Auch inszenatorisch gibt es einige großartige Einfälle, die das Stück auflockern und den Zuschauer die auf der Bühne aufrecht erhaltene Beklemmung und Auswegslosigkeit anschaulich nachempfinden lässt. Das Bühnenbild besteht lediglich aus einem mit Lehm ausgekleidetem großen Kasten, aus dem sich keine der Figuren je herausbewegen kann. Die Figuren, die gerade nicht spielen, stellen sich an den Bühnenrand und harren aus, bis sie wieder an der Reihe sind. Zu Beginn bleibt das Licht im Zuschauerraum angeschaltet – sicher eine bewusste Entscheidung des Regisseurs – denn dadurch fühlt man sich selbst unweigerlich in das Geschehen auf der Bühne miteinbezogen. Wie leicht wäre es doch ansonsten, sich im dunklen Zuschauerraum gemütlich in seinem Theatersessel zurückzulehnen, die Handlungen auf der Bühne aus sicherer Entfernung zu betrachten und sich einfach berieseln zu lassen…

Für mich war dieses Stück jedenfall der perfekte Start in mein kulturelles Jahr. Ich kann es kaum erwarten, bald wieder mal ins Theater zu gehen. Ist wirklich mal ein ganz anderes Erlebnis als zu lesen oder ins Kino zu gehen. Unmittelbarer, intensiver. Ich bin gespannt, was mich noch erwartet.

Theater: „Der Gott des Gemetzels“ im Schauspielhaus Hamburg

29 Dienstag Dez 2015

Posted by sommerdiebe in Literatur, Theater

≈ 4 Kommentare

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Arthouse, Film, Freizeit, Hamburg, Kritik, Kultur, Kunst, Kurzkritik, Literatur, Rezension, Theater

Yasmina Rezas nervenaufreibendes Kammerspiel „Der Gott des Gemetzels“ zählt spätestens seit der genialen Verfilmung von Roman Polanski zu meinen absoluten Lieblingstheaterstücken. Eigenartig nur: ich habe das Stück in Buchform gelesen, zigmal als Film geschaut und kann manche Dialoge mittlerweile sogar mitsprechen – aber trotzdem hatte ich es noch nie auf einer richtigen Theaterbühne gesehen! Dies sollte sich am ersten Weihnachtsfeiertag ändern, als ich mit meiner Familie ins Schauspielhaus Hamburg ging, um dieses Stück endlich in einer Aufführung anzuschauen.

Yasmina Reza - Der Gott des Gemetzels

Wie im Buch und im Film ist das Bühnenbild sehr reduziert: vier Stühle, ein paar Wohnzimmer-Accessoires, eine Tulpenvase. Viel Raum also für vier überaus gegensätzliche Protagonisten, zwei Ehepaare, die sich in den nächsten 1 1/2 Stunden ordentlich fetzen werden. Anlass für das Treffen ist die Schlägerei, die sich zwischen ihren Söhnen zugetragen hat. „Man kann doch über alles vernünftig reden, wir sind doch Erwachsene“, so das Motto, das von Anfang an die Atmosphäre in diesem gutbürgerlichen Wohnzimmer dominiert. Doch je länger diese vier gegensätzlichen Menschen miteinander reden, kommen immer mehr unterschwellige Konflikte an die Oberfläche. Die guten Manieren sind im Nu vergessen, das harmlose Gespräch zwischen den zwei Ehepaaren eskaliert!

Der Gott des Gemetzels im Schauspielhaus Hamburg / Ⓒ Sandra Then

Der Gott des Gemetzels im Schauspielhaus Hamburg / Ⓒ Sandra Then

Die Schauspieler brauchen zwar eine Weile bis sie in Fahrt kommen, aber dann wird dem Zuschauer ein ergreifendes Spektakel geboten, bei dem an bitterbösen, verletzenden und zuweilen zynischen Aussagen nicht gespart wird. Alle Protagonisten werden mit all ihren Ecken und Kanten gezeigt und alle Darsteller verstehen es sie authentisch und lebensnah zu verkörpern. Da ist zum Beispiel die idealistische Véronique, die allen mit ihrem ständig erhobenen moralischen Zeigefinger gehörig auf die Nerven geht. Ihr Mann Michel hat derweil längst resigniert, sich mit seiner eigenen Mittelmäßigkeit abgefunden und äußert nur noch lebensfeindliche Ansichten. Der schmierige Anwalt Alain schlägt sich beruflich mit einem Pharmakonzern herum – und lässt die anderen, sehr zu ihrem Leidwesen, an seinen fragwürdigen Machenschaften teilhaben. Auch bei seiner Frau Annette, die in ihrem Business-Outfit zunächst noch sehr souverän wirkt, fängt die lange aufrecht erhaltene Fassade im Laufe des Gesprächs an zu bröckeln.

Geniales Stück, großartige Dialoge – auf eine Weise schreiend komisch, weil man selbst die vielen kleinen bösen Seitenhiebe aus eigener Erfahrung kennt, gleichzeitig aber auch erschreckend, wie sehr sich diese Charaktere mit Worten schlichtweg zerfleischen. Aber wahrscheinlich ist es gerade das, was mich an Yasmian Rezas Stück immer wieder fasziniert. Der nächste Theaterbesuch kommt bestimmt – schließlich ist „Der Gott des Gemetzels“ eines der meistaufgeführten Stücke Deutschlands. Völlig zu recht!

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